gesticktes Eichhörnchen von reparierenistliebe

Mit Liebe Kleidung reparieren – Interview mit reparierenistliebe

Pflaster für Herzensstücke – so nennt Vera das Reparieren von Kleidung. Und ist es nicht so, dass es uns gerade bei den Lieblingsstücken traurig macht, wenn sie ein Loch bekommen oder ein widerspenstiger Fleck das Teil untragbar macht? Inzwischen ist es (zum Glück) wieder relativ normal geworden, dass man solche Kleidungsstücke nicht unbedingt wegwirft, sondern repariert solange es geht. Zum Glück deshalb, weil es zumindest für mich ein Hinweis ist, dass nicht mehr ganz so sorglos mit unseren Ressourcen umgegangen wird. Vera Teske ist einer der Menschen, die sich aktiv mit dem Thema beschäftigen und zeigen, wie das mit dem Flicken von Kleidung geht. Viel Spaß beim Interview mit Vera von reparierenistliebe.

Hallo Vera, danke dass du heute hier zu Besuch bist! Stell dich doch einmal kurz vor.

Hallo Anne, vielen Dank, dass ich dabei sein darf. Ich freu mich sehr darüber!

Ich bin Vera und 33 Jahre alt. Ich bin Mutter und Ehefrau und wir leben seit 5 Jahren in Frankreich. Dort haben wir ein winziges Haus mit einem großen Garten und genießen die Dorf-Idylle inmitten der Nordvogesen. Ich bin gelernte Altenpflegerin, habe aber nun schon seit 3 Jahren nicht mehr in diesem Feld gearbeitet, da ich meine Leidenschaft zum Beruf machen konnte.

Wie bist du in deinem Leben auf das Thema Stopfen gestoßen?

Ganz unspektakulär… Meine Tochter hatte ein Loch in ihrer Strumpfhose, die ich gerade erst gekauft hatte und ich hab mich so wahnsinnig geärgert darüber, dass ich das zum Anlass genommen habe, das Reparieren zu lernen. Außerdem hatte ich in meinem Job als 1 zu 1 Pflegekraft wirklich wahnsinnig viel Zeit, die ich dann gut nutzen konnte, um etwas Neues zu lernen.

Ich hab vorher nicht einmal gewusst, wie ich eine Nadel einfädle, geschweige denn dass es verschiedene Garnarten gibt. Das war also schon eine ziemliche Herausforderung für mich 😉

Bee Happy Jeansjacke Stickerei von reparierenistliebe

Was macht für dich das Flicken von Kleidung so interessant?

Da gibt es einiges…

Zum einen hat es viel mit Nachhaltigkeit und Wertschätzung zu tun. Indem ich Kleidung repariere,  gebe ich ihr nochmal einen neuen Wert und lerne sie neu zu schätzen, immerhin stecken in manchen reparierten Kleidungsstücken wirklich viele Stunden Arbeit.

Und eben auch der Gedanke, dass die produzierte Kleidung Ressourcen verbraucht, die, wenn Kleidung einfach weggeworfen wird, einfach verschwendet wurden. Und gerade bei den Ökostoffen aus Wolle/Seide oder Schurwolle hängen da ja auch nochmal Tierleben mit dran. Ich möchte gerne, dass das Leben anderer (auch der Tiere) mehr Wert hat und versuche damit meinen Teil beizutragen.

Ich versuche auch bei meinen Kindern auf nachhaltige Kleidung zu achten und gerade bei meiner Tochter, die nun in einem Alter ist, in dem sie gerne Glitzereinhorn und Regenbögen auf ihren Sachen haben möchte, stößt man da bei den bekannten Herstellern eben an eine Grenze. Denn die meisten Ökolabels sind eben nicht rosa quietschig und kitschig. Da kann ich mit meinen Stickereien auch oft eine Alternative bieten bzw. wir einen Kompromiss finden, mit dem wir dann beide glücklich sind.

Und zu guter letzt ist es für mich auch eine Art Meditation und Auszeit, die ich im Mamaalltag gerne nutze, um mich zu entspannen.

Kinderkleidung reparieren mit reparierenistliebe

Du hast ein Buch geschrieben. Magst du uns mehr darüber erzählen?

Ja sehr gerne! Wie gesagt hab ich mit keinerlei Ahnung angefangen, und musste mich lange durch das Internet wühlen, um Informationen zum Stopfen zu finden, mit denen ich dann oft einfach überfordert war. Und als ich dann angefangen habe, meine Stickereien auf Facebook und Instagram zu zeigen, kam immer wieder die Frage, wie ich das mache, wie ich das gelernt habe, ob ich das nicht mal beschreiben könnte etc. und ich hab dann  wirklich jede Frage einzeln beantwortet und viele Stunden damit zugebracht, den Leuten zu erklären, wie sie z. B. ein Loch zuziehen können und wie man auf Wolle/Seide stickt… das waren sooo viele Stunden.

Und dann kam irgendwann der Entschluss, dass ich gerne eine Anleitung schreiben möchte. Und weil man das Thema nicht so eben auf 2 Seiten packen kann, ist dann das Reparieren ist Liebe Buch entstanden, in dem ich so einfach wie möglich versucht habe zu beschreiben, wie man seine Lieblingskleidung repariert und verschönert und habe mit so grundlegenden Sachen angefangen, wie z.B. welche Nadel nutzt man bei welchem Stoff und was muss man beachten, wenn man Knieflicken anbringen möchte etc., aber es geht auch darum das Sticken auf sehr dünnen Stoffen zu lernen und wie man Motive überträgt.

Das war ein tolles Projekt, dass mich dann auch den Entschluss fassen ließ, mich selbstständig zu machen.

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reparieren ist liebe eBook zur Textilreparatur

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Auf 160 Seiten zeigt Vera von reparierenistliebe dir alles über Textilreparaturen.
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Wie sieht ein typischer Stick-Arbeitstag bei dir aus?

Puh das ist eine gute Frage, ich habe noch immer keine richtige Routine in meinem Alltag. Ich habe 2 kleine Kinder, die beide zu Hause betreut werden… Da läuft vieles noch so je nach Tagesform der Kinder.

Aber ich versuche mal euch einen Einblick zu geben. In der Regel fange ich an zu arbeiten, wenn das kleinste Familienmitglied den Mittagsschlaf hält.

Ich gehe dann in mein kleines Tinyhouse-Atelier im Garten, das mir mein Mann im Winter nach meinen Wünschen gebaut hat und fahre erstmal in Ruhe den Laptop hoch und überlege mir, während ich einen Kaffee trinke, was heute zu erledigen ist.

Meist muss ich erstmal alles Organisatorische, das mit dem Onlineshop und allem anderen so anfällt, abarbeiten und dann schaue ich, was in der Reparieren ist Liebe Austauschgruppe auf Facebook so los ist, wer Fragen hat und welche Reparaturen so entstanden sind. Das ist übrigens der schönste Teil meiner Arbeit, zu sehen, wie viele Menschen mittlerweile Spaß am Stopfen haben und wie schnell Fortschritte zu sehen sind.

Und dann gehe ich meist meine Aufträge an, in der Regel habe ich immer 2 oder 3 Projekte gleichzeitig hier zur Reparatur, damit ich, wenn ich bei einem Teil nicht weiter weiß oder mir schlicht die Ideen fehlen, ein anderes bearbeiten kann und dann hin und her springen kann.

Ich sticke so 3 bis 4 Stunden am Tag und genieße es dabei Podcasts zu hören und etwas Zeit für mich zu haben.

Und wenn mein „Arbeitstag“ dann zu Ende ist, dann nehme ich mir meine Sticksachen meist abends mit auf die Couch, wenn alle schlafen und ich meine Serie schaue, kann ich dann weiter reparieren.

Das ist für mich auch ein absoluter Bonus an meiner Arbeit (oder Hobby?) Ich kann es einfach von überall aus tun. Vor Corona waren wir reisend und ich habe meine Arbeit am Strand sitzend oder auf dem Spielplatz dabei gehabt und konnte so Zeit mit meiner Familie verbringen und trotzdem meine Arbeit erledigen.

gesticktes Eichhörnchen von reparierenistliebe

Jede StickerIn hat ihre eigene Methode um Stickgarn zu verstauen. Wie machst du das? Welches System oder auch Nicht-System benutzt du, um alles auch wiederzufinden?

Oh weh, Anne dieses Thema müsste dir eigentlich mein Mann beantworten…

Ich bin eine völlige Chaostante, was das Organisieren meines Garns und Nadeln angeht. Ich liebe es bei anderen zu sehen, wie ordentlich ihr Arbeitskasten aussieht und wie das Garn nach Nummern sortiert ist. Aber ich bin da wohl nicht geschaffen zu. Und um ehrlich zu sein, habe ich so ein schwarzes Mäppchen, in das ich die wichtigsten Garne hinein packe und sie dann zwischen Haus und Atelier hin und her bewege.

Wenn es selbst für mich zu chaotisch wird und die Nadel mehr aus dem Mäppchen fallen als drin bleiben, schaue ich meinen Mann abends ganz lieb an und frage ihn, ob er sich meinem Chaos widmen kann. Übrigens ist er wahnsinnig geduldig beim Aufwickeln von Garn auf Kärtchen. Ohne ihn hätte ich wohl nur einen großen Knäuel Stickgarn und würde keine Nadel mehr finden.

Welcher Teil des Stickens ist für dich der Beste bzw. Anstrengendste?

Der anstrengendste Teil für mich ist die Motivauswahl. Ich bin manchmal so ideenlos bzw. so überfordert mit der Auswahl an Motiven, die ich gerne sticken würde, dass ich Stunden damit verbringe, mir zu überlegen, was nun gut passen könnte dass ich mich oft einfach gar nicht enscheiden kann. Dabei ist am Ende dann meist die erste Idee die beste, auf die ich dann auch wieder zurückkomme.

Der schönste Teil am Sticken und Stopfen ist für mich, wenn ich den Anfang gemacht habe und langsam erkenne, dass es gut wird. Wenn ich innerlich so entspannt werde und die Vorfreude auf das Ergebnis sich breit macht.

Knopfleiste reparieren mit reparierenistliebe

Welches Projekt war bisher das Herausforderndste für dich?

So dieses eine Projekt kann ich dir gar nicht nennen, dafür waren es schon wirklich viele, bei denen ich dachte, „das wird jetzt nix mehr“… Aber so ein Riesenprojekt ist gerade die Selbstständigkeit und das drumherum, wenn ich da so vor Anschreiben oder Steuerdingen sitze und denke …öhhh muss ich das jetzt wirklich machen? Tatsächlich lerne ich da aber mega viel gerade, weil ich aus meiner Komfortzone heraus muss und mir neue Dinge beibringen darf, über die ich keine Ahnung habe… Das ist fast so wie am Anfang meiner Reparierkarriere, als ich keine Ahnung von Nadel und Faden hatte…

Es gibt unglaublich viele Techniken und Materialien. Was würdest du gerne noch ausprobieren, was du noch nie gemacht hast?

Oh ja, mega viel… Ich würde ja am liebsten alles und jetzt gleich ausprobieren. Aber am spannendsten finde ich gerade die ganzen Darningvarianten und invisible mending… Da teste ich mich auch gerade durch. Und den Speedwave (ein Gerät zum Webstopfen), das liegt sogar schon einige Zeit lang hier… Das möchte ich gerne bald mal testen. Ach und arbeiten mit der Punch needle und Kreuzstich Stickereien möchte ich auch unbedingt mal versuchen…

bestickte Wollmützen von Vera Teske

Stell dir vor du hättest die Chance deinem jüngeren Ich, welches gerade angefangen hat sticken zu lernen, einen Rat zu geben. Was würdest du ihr sagen, was du gerne früher gewusst hättest?

Ich würde sagen: Vera, lies dir bitte nochmal das Kapitel im Blog von Pumora durch, in dem es um das Teilen von Garn geht. Wirklich, das hätte mir viele Nerven gespart. Denn gelesen hab ich es früher schon häufiger, aber habe mich nie dran gehalten (mega doof!).

Außerdem würde ich mir dringend raten, weniger zu überlegen und einfach anzufangen, denn so schwer wie ich es mir manchmal gemacht habe, war es dann ja gar nicht.

Danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Wo können wir dich im Internet finden? 

Mich findet man auf reparierenistliebe.com und auf Facebook und Instagram auch unter reparierenistliebe.

Liebe Anne, ich dank dir sehr, dass ich dabei sein durfte! Mein Herz ist schon ein bisschen gehüpft, als du mich fragtest, ob ich da Lust zu hätte!

Danke dir für deinen tollen Blog und die tollen Inspirationen, die du vermittelst!

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